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Autor Tobias Haberl signierte gerne Bücher im Anschluß der Lesung | Foto: Jürgen Buchberger
Autor Tobias Haberl signierte gerne Bücher im Anschluß der Lesung | Foto: Jürgen Buchberger

Unter Heiden. Warum ich trotzdem Christ bleibe

  • 20.01.2024 | 19:00 Uhr | Hl. Dreifaltigkeit | Nachbericht zur Autorenlesung mit Tobias Haberl

Am vergangenen Abend fand im Pfarrsaal der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit eine besondere Autorenlesung statt, die die zahlreichen Besucher sowohl zum Nachdenken als auch zum Schmunzeln brachte. Tobias Haberl stellte sein neues Buch "Unter Heiden. Warum ich trotzdem Christ bleibe" vor und sorgte damit für eine anregende Mischung aus tiefgründiger Reflektion und humorvollen Einblicken. Die Veranstaltung wurde von der KEB Regensburg Stadt in Zusammenarbeit mit der Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit organisiert und von Monsignore Dr. Werner Schrüfer moderiert.

Der gut gefüllte Pfarrsaal bei der Autorenlesung mit Tobias Haberl

Bereits zu Beginn schuf Haberl mit seiner lebendigen Art und einem augenzwinkernden Blick auf die christlichen Werte eine angenehme Atmosphäre. In seinem Buch "Unter Heiden" beschreibt er auf persönliche und berührende Weise, warum er trotz zunehmender Säkularisierung und gesellschaftlicher Skepsis an seinem Glauben festhält. Dabei gelingt es ihm, die Herausforderungen und Spannungsfelder eines Glaubenslebens im modernen Kontext klar und verständlich darzulegen, ohne dabei dogmatisch oder belehrend zu wirken.

Vor fünfzig Jahren waren mehr als neunzig Prozent der Deutschen katholisch oder evangelisch, mittlerweile ist es weniger als die Hälfte. Das sind immer noch Millionen, aber es werden von Tag zu Tag weniger! Ein Christ zu sein das ist in Deutschland von einer Selbstverständlichkeit zu einer von zahllosen Optionen geworden, die eigene Identität zu markieren: Der eine ist Veganer, die andere Klimaschützerin, der Nächste halt Christ. Aber während die beiden Ersten auf eine hoffnungsvolle Zukunft verweisen, gilt der religiöse Mensch als problematisches Auslaufmodell, als Bremsklotz für Freiheit und Fortschritt.

Doch ist er das wirklich? Oder scheint es nur so in einer Zeit, die den Glauben an Gott durch den Glauben an Technologie ersetzt hat? Der Schriftsteller Martin Mosebach schreibt: "Was der Gegenwart besonders missfällt, ist wahrscheinlich das Zukunftsträchtigste." Keine Ahnung ob das stimmt, aber ich würde es nicht ausschließen. Es ist dieses Lebensgefühl, das ich im ersten Teil des Buches beschreiben möchte: dass ich mich als Christ zunehmend rechtfertigen muss, als hätte ich den Sprung in die Gegenwart verpasst oder irgendetwas nicht ganz verstanden. Das Gefühl von einer Mehrheit zur Minderheit, vom Mainstream zur Randgruppe zu werden, und zwar nicht, weil ich mich, sondern einfach nur, weil die Welt sich verändert hat.
Auszug aus "Unter Heiden" von Tobias Haberl

Mit Leichtigkeit und Augenzwinkern vermittelte Tobias Haberl ernste Themen wie die Sinnsuche, die Werte des Christentums und die Bedeutung von Religion in einer zunehmend heidnisch geprägten Gesellschaft und was Glauben für ihn bedeutet. Seine pointierten Beispiele aus seiner Kindheit, seinem Alltag und seine ehrliche, oft selbstironische Herangehensweise trafen einen Nerv und sorgten für wiederholte Lacher im Publikum. Gleichzeitig regten seine Worte dazu an, sich mit der eigenen Haltung zum Glauben auseinanderzusetzen.

Ich gestehe, ich hätte auch gern so eine dramatische Saulus-Paulus-Geschichte zu erzählen - leider gibt es keine. Da war kein leuchtender Kristall, keln sanftes Säuseln, kein brennender Dornbusch. Es ist banaler: Ich wurde nicht zum Christentum bekehrt, es wurde mir bei meiner Geburt wie ein Eimer über den Kopf gestülpt. Vor allem mein Vater ist ein frommer Mensch, der die Volkskirche in den Nachkriegsjahren noch in voller Blüte erlebt hat, bevor sich die religiösen Bindungen mit allen positiven und negativen Folgen, immer mehr in Luft auflösten. Ein Stichwort genügt, und er gerät ins Schwärmen: seine Jahre als Messdiener, die Vorbereitungen zum Osterfeuer, das Über-Land-Ziehen, um Eier und Kartoffeln für die Armen zu sammeln, die Christmetten in der überfüllten Dorfkirche, die klammen Finger, die Kerzen, der Weihrauch, der Heimweg in geflickten Schuhen durch den leuchtenden Schnee, die traditionellen "Mitternachtspfälzer", am Tisch mit den Eltern und Geschwistern in der warmen Stube. "Das war der Heilige Abend", sagte er immer, "nie wäre jemand auf die Idee gekommen, das Radio anzumachen. Wir haben gegessen und uns unterhalten."
Auszug aus "Unter Heiden" von Tobias Haberl

Monsignore Dr. Werner Schrüfer führte durch den Abend mit Charme und Humor. In kurzweiligen Dialogen mit Haberl, zwischen den Lesungen aus dem Buch, ging er auf die zentralen Inhalte ein und stellte gezielte Fragen, die die Vielschichtigkeit des Themas verdeutlichten. Die Diskussionsrunde im Anschluss an die Lesung, in der auch das Publikum die Möglichkeit erhielt, Fragen zu stellen und eigene Gedanken einzubringen, wurde begeistert genutzt. 

Am Ende des Abends dankte Robert Preußl, Leiter der KEB Regensburg Stadt, Tobias Haberl herzlich für seine inspirierende Lesung und überreichte ihm als Zeichen der Wertschätzung ein kleines Geschenk. Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, ein signiertes Exemplar des Buches zu erwerben und sich persönlich mit dem Autor auszutauschen.

Die Autorenlesung mit Tobias Haberl war ein rundum gelungener Abend mit intellektuellen, spirituellen und emotionalen Impulsen. Durch eine gelungene Mischung aus Tiefgang und Humor zeigte Haberl, wie aktuell und wertvoll die Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben auch in einer zunehmend säkularen Welt sein kann. Es bleibt zu hoffen, dass sein Buch und seine Lesungen anregen, Glauben und Religion für sich selbst wieder auszuprobieren und zuzulassen. 

Tobias Haberl, geboren 1975 im Bayerischen Wald, hat in Würzburg und Großbritannien Literaturwissenschaften studiert. In den Jahren 2001 und 2002 war er freier Journalist in Berlin, besuchte dann die Henri-Nannen-Schule Hamburg und ist seit 2005 Autor im Magazin der »Süddeutschen Zeitung«. 2016 erhielt er den Theodor-Wolff-Preis. Der Autor lebt in München.

Herausgeber : btb Verlag (2. Oktober 2024)
Sprache ‏: Deutsch
Gebundene Ausgabe‏ : ‎288 Seiten
ISBN-10 : 3442762871
ISBN-13 ‏: ‎978-3442762873